Der Frieden ist (k)ein roter Ball

Wer oder was hat die Möglichkeit Frieden zu geben?

Stellen wir Überlegungen, den Frieden betreffend, an, so denkt manch einer vielleicht spontan an seinen eigenen Glauben, wenn er denn einen bestimmten Glauben hat. Das haben teilweise auch die Antworten auf die von mir verschickten Kundenanfragen gezeigt. Für diese Menschen wird die Haltung zum Thema Frieden der Glaubensgemeinschaft, mit der sie sich verbunden fühlen, verständlicherweise nicht unbedeutend sein. Es ist an anderer Stelle ausführlich nachzulesen, dass und wie sich verschiedene Religionen mit dem Frieden beschäftigen. Viele Menschen fühlen sich einer der zahlreich existierenden Glaubensgemeinschaften angehörig. Andere wiederum wollen oder können sich nicht zu einer dieser Gemeinschaften bekennen, was nicht zwangsläufig heißen muss, dass sie keinen Glauben haben. Eine Diskussion darüber, welche Religionen ihren Anhängern mehr Friedfertigkeit ermöglichen als andere, halte ich im Kontext meiner Arbeit für nebensächlich. Denn es kann nicht nur um die Frage der Religionszugehörigkeit gehen, wenn wir uns mit der Frage auseinandersetzen, wie Frieden zu schaffen ist. Wichtiger ist die Frage: Haben die Menschen das Vermögen, friedfertig zu sein? Und, wenn die Antwort nein ist, können die Menschen Friedfertigkeit lernen?

Was passiert, wenn man einem Menschen Frieden wünscht und wie wird dieser Frieden verstanden?

Die fünfte Version meiner Arbeit ist der Versuch, mögliche Antworten auf diese Frage zu bekommen. Folgenden Menschen habe ich einen roten Ball zugeschickt und ihnen damit verbunden Frieden gewünscht. In alphabetischer Reihenfolge:

Josef Ackermann, Dieter Bohlen, Sabine Christiansen, Georgette Dee, Katja Ebstein, Herbert Feuerstein, Tendzin Gyatsho, Nina Hagen, Maybritt Illner, Günther Jauch, Margot Käßmann, Joachim Löw, Angela Merkel, Dirk Nowitzky, Barack Obama, Roman Passarge, Stefan Quandt, Claudia Roth, Friedemann Schulz von Thun, Tom Tykwer, Georg Uecker, Rolando Villazón, Fred Alan Wolf, Ranga Yogeshwar, Rolf Zuckowski

Es ist offensichtlich, dass die angeschriebenen Personen alle einen prominenten Platz in der Gesellschaft einnehmen. Wie verstehen die Einzelnen den Begriff Frieden? Hat man eine andere, womöglich eine größere Verantwortung für den Frieden, wenn man in der Öffentlichkeit steht? Wird diese Verantwortung obendrein verstärkt, wenn man eine politische Position inne hat? Die fünfte Version der Arbeit „Der Frieden ist (k)ein roter Ball“ hebt zahlreiche Fragen in den Fokus der Betrachtung. Einen Friedenswunsch an jemanden zu richten, gleich ob dieser Mensch in der Öffentlichkeit bekannt ist oder nicht, kann sich auf seine momentane innere Lebenssituation beziehen und/oder auf seine Außenwelt. Wie wirkt sich ein bewusster Friedenswunsch aus? Wie schaffen die Reaktionen einen möglichen Diskursraum für eine Auseinandersetzung mit dem Thema Frieden? Ist Frieden gar nur ein Konzept der Naiven und Idealisten? Mein Friedenswunsch für die oben genanten Menschen ist für jeden Einzelnen gleichermaßen stark und unterliegt keiner Hierarchie. So erschien es mir sinnvoll, einen Brief mit identischem Inhalt für alle zu verfassen:

Berlin, den 28.06.10. Betreff: Der Frieden ist (k)ein roter Ball. Mit der Bitte um Weiterleitung für den Fall, dass Sie nicht die angeschriebene Person sind! Sehr geehrte/r Frau/Herr… mit diesem Schreiben möchte ich Sie auf mein Kunstexperiment „Der Frieden ist (k)ein roter Ball“ aufmerksam machen. Die Arbeit wirft eine Reihe von Fragen den Frieden betreffend auf. Die zwei aktuellsten Fragen lauten: Hat man eine andere, womöglich eine größere Verantwortung für den Frieden, wenn man in der Öffentlichkeit steht? Wird diese Verantwortung obendrein verstärkt, wenn man eine politische Position inne hat? Doch die Frage, wie der Begriff Frieden von Ihnen verstanden und inhaltlich besetzt wird, ist ebenso wichtig. Assoziieren Sie den Begriff primär mit Ihren inneren, privaten Lebenszusammenhängen oder den äußeren, sozialen und politischen? Über mögliche Antworten – auch unfertige Gedankenanstöße Ihrerseits – wäre ich sehr dankbar. Den Verlauf der Aktion dokumentiere ich im Internet unter http://www.stevemeyer.de. Für Rückfragen stehe ich Ihnen selbstverständlich gerne auch persönlich zur Verfügung. Unabhängig von einer Antwort auf mein Schreiben, schenke ich Ihnen den mitgeschickten, in Handarbeit bemalten und mit dem Wort „Frieden“ beschrifteten Ball. Hiermit möchte ich die Möglichkeit wahrnehmen, Ihnen auf diesem Weg Frieden zu wünschen! Mit herzlichen Grüßen Steve Meyer

Am 05.07.2010, um 11:51 Uhr, schrieb mir Frau R. S. von der Dirk Nowitzki Stiftung folgende Nachricht per e-Mail:

Sehr geehrter Herr Meyer, vielen Dank für Ihre Informationen und Ihre Einladung, Herrn Nowitzki an Ihren Friedensgedanken teilhaben zu lassen. Aufgrund der Vielzahl von Anfragen können wir Ihrem Wunsch leider nicht nachkommen, auch wenn die Idee sehr überzeugend und wichtig ist. Bitte haben Sie hierfür Verständnis. Für Ihre Aktion wünschen wir Ihnen viel Erfolg. Mit den besten Grüßen aus der Stiftung R. S.

Am 13.07.2010, bekam ich ein Packet von Herrn Dr. J. A., einem Mitarbeiter der Familie Quandt. In dem Paket wurde der von mir mitgeschickte Friedensball In Originalverpackung zurückgesandt. Zudem erhielt ich eine Karte auf der folgender Text stand:

Vielen Dank für Ihr Schreiben, das Herr Quandt persönlich gelesen und zur Kenntnis genommen hat. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir Ihr Anliegen nicht berücksichtigen können. Mit freundlichen Grüßen Dr. J. A. Persönlicher Referent der Familie Quandt

Am 22.07.2010 schrieb mir Frau S. M. folgenden Brief:

Sehr geehrter Herr Meyer, Landesbischöfin a. D. Dr. Käßmann bat mich, da sie leider zurzeit sehr viel außer Haus unterwegs ist, Ihnen ihren herzlichen Dank für Ihr Schreiben und die Zusendung des schönen Balls zu übermitteln. Sie hat sich sehr darüber gefreut und bittet Sie freundlich um Verständnis, dass sie inmitten bereits gepackter Umzugskisten in ihren Aufbruch- und Abschlussarbeiten in der Kanzlei im Moment leider keine Zeit findet, Ihnen eine angemessene Rückmeldung auf Ihre Fragen zu geben. Darüber wollte sie Sie jedoch nicht im Unklaren lassen und bat mich, Ihnen wenigstens diese kurze Nachricht zu schicken. Frau Dr. Käßmann lässt Sie freundlich Grüßen und wünscht Ihnen auch für Ihre weitere Arbeit alles Gute und Gottes Segen. Freundlich grüßt Sie Pastorin S. M. Persönliche Referentin der Bischofskanzlei der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers

Am 24.07.2010 schickte mir Rolf Zuckowski mein Schreiben, mit folgendem handgeschriebenem Zusatz, zurück:

Mit friedensbewegten Grüßen zurück… Der „kleine Frieden“ möchte in jedem von uns geborgen sein. Ihn zu behüten, ihn weiter zu geben, zieht Kreise die wir aus dem Auge verlieren. Dennoch kann der „große Frieden“ nur im kleinen geboren werden. Rolf Zuckowski 24.7.2010

Am 16.08.2010 schrieb mir Frau Georgette Dee drei unterschiedlichen Postkarten mit folgendem Inhalt:

Frieden I: „Gutsein endet ja doch meistens damit das Einer dem Anderen sagt was er tun soll.“ G. Dee oder wie P. P. Pasolini sagte: „Das Erinnerungsvermögen des Menschen reicht nicht weiter als eine Generation.“
Frieden II: „Frieden braucht Freiheit und Freiheit braucht Kampf.“ „…manchmal reicht schon friedlich…“ „Im Muster unserer Gesellschaft hat sich ein Webfehler breit gemacht: Unsterblichkeitswahn.“
Frieden III: „Frieden kann nur im Inneren beginnen, alles Andere ist blinder Aktionismus.“ „Wer Frieden mit seiner Sterblichkeit geschlossen hat, kann in Freiheit leben. – ich übe noch!“ Lieben Gruß Georgette Dee PS: Bin ein NICHT – Internet – USER

Bitte haben Sie Verständnis dafür, daß diese Internetseite nicht in der Lage ist, das Kunstexperiment „Der Frieden ist (k)ein roter Ball“ bis ins letzte Detail zu präsentieren. Sollten Sie den Wunsch haben, zum Beispiel die Postkarten von Frau Dee zu betrachten oder mit mir über die Gegebenheiten am Rande der verschiedenen Versionen der Arbeit zu sprechen, können Sie mich gerne kontaktieren!

Ich danke allen Leserinnen und Lesern für das Interesse an dem soeben beschriebenen Kunstexperiment. Ich freue mich, wenn Sie mein Projekt „Der Frieden ist (k)ein roter Ball“ dazu angeregt hat, über die hier gestellten Fragen weiter nachzudenken und wenn Sie zudem Lust bekommen haben, Ihre Gedanken mit den unterschiedlichsten Menschen zu teilen und gemeinsam über das Thema Frieden zu diskutieren. Vielleicht verspüren Sie ja auch den Wunsch das Experiment selbst zu versuchen? Nur zu – trotz und gerade, weil der Frieden (k)ein roter Ball ist!

Ihr Steve Meyer

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